Dieses Foto hatte ich in meinem Facebook Account veröffentlicht. Und ein Kommentar dazu lautete:
“Ein toller Bildstil”.
Ich fragte nach, was damit gemeint sei:

Als Kontaktabzug zusammenfügen finde ich es originell“.

Daraus entwickelte sich dann ein Gespräch und ich erklärte, dass dies tatsächlich der Scan von einem analogen Filmstreifen sei und keine Montage, die nachträglich gemacht worden ist

Diese Reaktion auf dieses Foto machte mich nachdenklich.
Das, was analoge Fotografie war, ist denen, die heute eine digitale Kamera in die Hand nehmen, eben nicht so vertraut wie mir. Ist ihnen unbekannt, weil sie es persönlich nie erfahren haben, wie es ist, einen Film zu entwickeln oder Vergrößerungen von einem Kleinbildnegativstreifen anzufertigen.
Ich habe immer noch ein Problem damit, nachzuvollziehen, woher dieser Wirbel um die analoge Fotografie kommt. Für mich ist das die Fotografie, so wie ich sie gelernt und viele Jahre praktiziert habe – also nichts Besonderes.
Doch, wer heute ein Telefon hat, verfügt damit gleichzeitig über eine Kamera, mit der Schnappschüsse immer gelingen. Darum sind Fotos heute allgegenwärtig und ein wichtiger Bestandteil der sozialen Medien. Es ist inzwischen selbstverständlich, dass die moderne Technologie es möglich macht, über weite Entfernungen, via Fotos, zu kommunizieren. Meine Tochter z.B., ist heute mit ihrer Familie nach Paris gefahren und ich konnte mir bereits am Nachmittag ein Foto ansehen, das alle 4 vor dem Eiffelturm zeigt, auf meinem Handy.
Das hat mich natürlich sehr erfreut und gleichzeitig klargemacht: Meine Enkelkinder wachsen in einer komplett anderen fotografischen Welt auf, als die, in der ich mich heute noch fühle.
In meiner Kindheit war es meine Mutter, die fotografierte. Sie hatte eine Kamera, in der ein Rollfilm eingelegt werden musste. Später waren es Pocketfilme oder was es sonst noch für Neuerungen auf dem Fotomarkt für Hobbyfotografen gab, meine Mutter hatte sie. Nicht weil sie ein Techniknerd war, nein, ihr Interesse war es, Erinnerungen auf Film zu bannen. Und es musste einfach sein. Sie belichtete also einen Film, brachte den zum Entwickeln und Abzüge fertigen in einen Laden und klebte diese Fotos dann in ein Album. Dieses Album kann ich heute noch in die Hand nehmen, um mir die Fotos anzusehen. Was nehmen meine Enkelkinder in die Hand, um sich an den fotografischen Erinnerungen aus ihrer Kindheit zu erfreuen?

Meine Großmutter ging mit ihren Kindern zum Fotografen, um sie portraitieren zu lassen. Der Bruder meiner Mutter war Hobbyfotograf und musste, bevor er ein Foto aufnehmen konnte, eine Glasplatte mit lichtempfindlicher Emulsion begießen. Diese Glasplatte wurde dann mittels einer Kamera belichtet.
Solche umständlichen Arbeitsabläufe sind nicht zu vergleichen mit den Möglichkeiten, die heute zur Verfügung stehen. Mein Onkel machte ganz andere Erfahrungen bei der Erarbeitung eines Fotos, als die, die heute ihr Handy in die Hand nehmen und ein Foto machen. Ich kann mich auch noch perfekt daran erinnern, wie es war, in einem Fotolabor zu stehen, einen Film, den ich zuvor belichtet hatte, in eine Spirale einzufädeln, um ihn anschließend in einer Dose zu entwickeln. Dazu wurden verschiedene Flüssigkeiten in diese Dose gefüllt und diese in einem bestimmten Rhythmus bewegt. Nachdem so ein Film ausreichend gewässert wurde, musste ich ihn zum Trocknen aufhängen. Danach wurde er in eine Hülle getan, von der ich dann einen Kontaktbogen belichten konnte. Anhand dieses Kontaktbogens habe ich dann entschieden, von welchem Motiv ich Abzüge anfertigen möchte. Wenn ich mir das so vorstelle, wird es verständlich, dass  jemand Lust auf Nostalgie bekommt und sich eine analoge Kamera kauft, einen Film einlegt und damit Fotos macht. Ich kann verstehen, dass jemand ins Labor gehen will, um den belichteten Film zu entwickeln und dann die Abzüge zu machen. Ich erinnre mich noch ausgezeichnet an diese Arbeitsabläufe. Sie waren mir vertraut, sie waren selbstverständlich – anders kam ich nicht an meine Fotos. Erst musste der Film entwickelt werden, trocknen und dann konnte ich Abzüge machen. Dazu war ein komplett eingerichtetes Labor erforderlich. Was ich hatte! Und natürlich die Fähigkeiten, mit der Laboreinrichtung zu arbeiten. Was ich konnte.

Dann gab es da noch einen Schritt davor, nämlich die manuelle Einstellung der Kamera. Ich hatte auch Objektive, die keinen Autofokus hatten; ich musste manuell fokussieren. Das alles konnte ich. Ich weiß, dass der Entwickler eine Lauge ist. Ich weiß, dass die Temperatur des Entwicklers 20Grad betragen sollte und habe erlebt, was passiert, wenn das nicht so ist – ich bekomme einen entweder unter- oder überentwickelten Film.

Einmal hatte ich es sehr eilig und vergessen, die Temperatur des Entwicklers zu messen; ich hatte gerade Leonid Breschnew in Bonn fotografiert und war sehr aufgeregt. Leider hatte der Entwickler wesentlich mehr als 20 Grad und mein Film wurde leicht “gekocht” und hatte dann ein riesiges “Korn“.

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